8 January, 2016 18:58
Abschied
Unsere Reise geht zu Ende. 12 Tage voller unvergesslicher Eindrücke, Begegnungen und Erlebnisse. Bangladesch ist ein ganz besonderes Land. Kein Traumziel, in das man sich auf den ersten Blick verliebt. Auch kein Geheimtipp für Traveller, wie es Thailand oder Vietnam vor zwei Jahrzehnten mal waren. Es gibt fast keine touristische Infrastruktur und die hygienischen Verhältnisse sind oft unterirdisch. Man kann sich nur mühsam verständigen, denn Englisch spricht nur die gebildete Schicht. Dazu kommt die politische Instabilität und ein hoffnungslos verfilztes, korruptes Systhem. Vieles kann einen in diesem Land zur Verzweiflung treiben: der Dreck, der Lärm, das Elend aber vor allem die Tatsache, dass seit Jahrzehnten Millionen an Entwicklungshilfe und Spenden geflossen sind, ohne dass sich viel geändert hätte. Es ist ein Fass ohne Boden, bei über 160 Millionen Einwohnern auf einer Fläche halb so gross wie Deutschland. Immerhin, die Situation für Mädchen hat sich doch erheblich verbessert. Die Regierung fördert ihre Schulausbildung, für Mädchen ist der Schulbesuch unter bestimmten Bedingungen bis zur 12. Klasse kostenlos u. a. wenn sie bis dahin nicht heiraten. Ein Grund mehr für uns, unser Projekt Alphabangla fortzusetzen. Trotz alldem: Die meisten Bengalen leben in für unsere Begriffe erbärmlichen Verhältnissen aber sie strahlen eine Lebensfreude und Zuversicht aus, die uns beschämt. Wer einmal in diesem
Land war, wird wiederkommen wollen. Wir gehen mit Wehmut im Herzen. Dankbar und froh für die Begegnungen mit tollen Menschen, für ihre unglaubliche Gastfreundschaft und ihre Liebenswürdigkeit.
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8 January, 2016 18:53
Gepflogenheiten Bangla-Style
Wie schon in unserem Essens-Blog erwähnt, ist die Gastfreundschaft der Bengalen überwältigend. Das geht so weit, dass dem Gast alles abgenommen wird. Koffer tragen, Wäsche waschen, Geschirr abräumen, Autotür öffnen –
wer macht das bloß alles für uns, wenn wir wieder zu Hause sind ? Einheimische Gäste, die zu Besuch kommen, bringen gerne auch etwas zum Essen mit, oft ein selbstgemachtes „Misti“, also was (sehr) Süßes. Bei Tisch ein deutlich hörbares Bäuerchen von sich zu geben, ist völlig normal. Auch die Nasen-und Rachenreinigung vollzieht sich herzhaft und lautstark in aller Öffentlichkeit, wobei das hervorgebrachte Produkt bevorzugt im Straßengraben „entsorgt“ wird.
Auf den Straßen sind die Sitten rauh. Polizisten vertreiben schon mal Straßenhändler oder Rikshafahrer, die im Weg stehen, mit Schlagstöcken – für uns ein Anblick, bei dem wir immer noch zusammenzucken. Einmal haben wir auch erlebt, dass der Fahrer unseres Wagens einen solchen Schlagstock dabei hatte und wenn ihm jemand in die Quere kam, kurzerhand die Scheibe runtergekurbelt und heftig auf das Auto des Anderen eingebengelt hat. Nein, zimperlich sind sie nicht, die Bengalen. Wer in der Gesellschaft höher steht, sei es durch Bildung oder durch Reichtum, versteht es, den anderen mit einer knappen Handbewegung und einem scharfen Wort auf seinen Platz zu verweisen. Ganz im Gegensatz dazu wird bei vielen anderen Gelegenheiten ausführlich palavert, Entscheidungen werden hin-und herbesprochen – und dann gerne nochmal geändert. Wer unterwegs ist, telefoniert pro Weg mindestens 5 mal mit zu Hause oder mit demjenigen, zu dem man reist und erklärt, wo man sich gerade befindet und wann man ankommen wird – was
bei dem Höllenverkehr im Land natürlich so gut wie nie klappt. Wenn man dann endlich ankommt, stehen alle schon zur Begrüßung bereit – und selbst wenn sie stundenlang gewartet haben, werden sie es sich nicht anmerken lassen.
Fremden, vor allem natürlich westlichen Ausländern gegenüber sind die Bengalen sehr zugänglich und neugierig. Im Unterschied zu vielen anderen Asiaten blicken sie einem offen in die Augen. Auf dem Land, wo viele noch nie einen Europäer gesehen haben, wird man auch mal minutenlang unverholen angestarrt und von jedem, der gerade nichts Besseres zu tun hat, begleitet, aber ohne jede Aufdringlichkeit, einfach nur um zu sehen, wohin der Bideshi, der Fremde, gerade unterwegs ist. Alle wollen wissen, aus welchem Land man kommt und bei Germany lachen sie und sagen entweder „World Champion“ oder „Ballak“. Wer ein paar Brocken Englisch kann, will unbedingt wissen, wie einem ihr Land gefällt. Der Bengale liebt seine Heimat nämlich abgöttisch. In unzähligen Liedern und Gedichten wird die Schönheit des Landes gepriesen und der Bengle wird nicht müde, ein Loblied auf seine Heimat zu singen. Da ist dann Diplomatie gefragt, denn bei aller Liebe, Dhaka als beautiful zu bezeichnen wäre glatt gelogen. „Very interesting country and very nice people“ ist wohl am unverfänglichsten und entspricht ja auch den Tatsachen. Dafür erntet man ein herzliches „Thank You“ und kann sicher sein, denFragenden und die drumherum Stehenden glücklich gemacht zu haben.
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Bangla-Food
Essen ist enorm wichtig in diesem Land. Es wird staendig und vor allem sehr viel gegessen. Moeglicherweise, weil es auch ein Zeichen von Wohlstand ist. Da die Bengalen ausserordentlich gastfreundlich sind, muessen die Gaeste natuerlich auch ausgiebig bewirtet werden. Fangen wir beim Fruehstueck an:
Wir bekommen jeden Morgen Spiegelei, Toast, Butter, Guaven-Gelee, Bananen (die sind sehr klein, dottergelb und schmecken koestlich nach einem Hauch Orange),
Honig und gebratenes Gemuese.
Zum Lunch gibts eine vollstaendige Mahlzeit mit Reis, Linsenbrei, Huehchen und/oder Fisch in Sosse, Blumenkohl, Auberginen, Kuerbis oder eine Art Zuccchini. Oft auch in Fett ausgebackenes Fladenbrot. Zum Dessert eine Art suesser Milchreis.
Sehr populaer ist es auch, zum Lunch ein Take-Away vom Restaurant zu holen. Bengalisch, indisch oder chinesisch – auch wenn ich nicht unbedingt in deren Kuechen reinschauen moechte – es schmeckt alles wunderbar. Am Nachmittag werden zu Tee oder Kaffee Suessigkeiten und Gebaeck gereicht.
Zum Dinner wird dann nochmal richtig aufgetischt: Fisch, Huhn, Scampi, Rind oder Hammel – mariniert und geschmort in einer koestlichen Sosse, natuerlich Reis und Gemuese. Es wird recht scharf gekocht aber solange man die gruenen Chili- Schoten nicht mit Bohnen verwechselt ( manchmal sind gemeinerweise auch Bohnen darunter ) und draufbeisst, unglaublich lecker und aromatisch.
Die Bengalen essen mit den Haenden, genauer gesagt nur mit der rechten Hand. Die linke wird nur zum Auftragen oder Trinken benutzt. Sie vermischen oder besser vermanschen den Reis mit der Sosse, formen daraus kleine Haeufchen und fuehren das ganze mit den Fingern in den Mund. Huhn, Fisch oder Fleisch – alles wird mit den Fingern der rechten Hand von Knochen oder Graeten geloest und untergemanscht. Versucht mal, einen Scampi nur mit einer Hand aus der Schale zu loesen – das ist eine echte Herausforderung! Diese Art zu essen hat etwas sehr sinnliches und erinnert an kindliche Matsche-Pampe-Spiele. Aber es ist selbst in der gebildeten Schicht voellig normal und wird auch in Restaurants von Business-Leuten praktiziert. Wenn man moechte, kann man aber ueberall auch Besteck bekommen.
Das Essen in Nellys Haus wird von Rabea gekocht. Sie ist Salmas Mutter und lebt schon seit fast 20 Jahren in der Familie. Ihr Reich ist die Kueche, wo sie auf zwei Gasflammen unglaubliche Mengen koestlicher Gerichte zubereitet.
Es wird sehr spaet gegessen, Dinner nicht vor 21 Uhr – danach geht man pappsatt ins Bett. Die Bengalis essen Riesenportionen, sehr gerne fett und sehr suess. Es ist mir ein Raetsel, wie sie so duenn bleiben. Ich fuehle mich jedenfalls ziemlich gemaestet, zumal man sich auch kaum bewegt. Zu Fuss gehen ist dem wohlhabenden Bengalen fremd, man laesst sich fahren! Selbst kurze Strecken sitzen wir ewig lange im Verkehrschaos im Auto oder in der Motorrikscha rum, obwohl es zu Fuss viel schneller ginge. Unterwegs gibts natuerlich auch ueberall was zu essen. Teestaende am Strassenrand verkaufen fettige Snacks oder Gebaeck, es gibt viele Obstverkauefer, die alle moeglichen Fruechte anbieten.
Bisher haben wir bis auf Salat und ungeschaeltes Obst alles gegessen und sehr gut vertragen. Die Medikamente gegen Montezumas-Rache in der Reiseapotheke kamen nicht zum Einsatz! Aber ich will gar nicht wissen, was meine Waage zu Hause sagen wird!
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6 January, 2016 21:06
In und um Sayedpur
Endlich sind wir unterwegs zu „unserem“ Dorf Sayedpur. Obwohl wir früh am Morgen starten, sind die Straßen voll wie immer. Überland-Busse liefern sich regelrechte Hup-Schlachten und unser Fahrer beeindruckt uns mit geschickten Ausweichmanövern. Weit mehr als der Verkehr aber erschreckt mich, wie sehr sich der Gürtel von Fabriken rund um Dhaka seit meinem letzten Besuch verbreitert hat – Textilfabriken und Spinnereien, vor denen sich die jungen Frauen zum Arbeitsbeginn versammeln, aber auch Stahlindustrie, Zement und Ziegeleien, dazwischen ärmliche Hütten. Die Luft ist schwer von Smog, die Orte auf unserem Weg sind fast schon zusammengewachsen. Nirgendwo wird so deutlich wie hier, dass die Millionen und Abermillionen, die hier verdient werden, weder dem Land noch den Menschen zugute kommen, die sie erwirtschaften.
Erst etwa 15 Kilometer vor Sayedpur beginnt jetzt die ländliche Gegend mit Kokospalmen und Bananenstauden, mit dem satten Grün der Reisefelder und dem kräftigen Gelb der Senfsaaten.
Im Dorf werden wir schon erwartet und von Kindern mit Blumensträußen und einem Regen von Blütenblättern begrüßt. Alle, die ich bei meinem früheren Besuchen kennen gelernt habe, sind gekommen, um uns in die Arme zu schließen und willkommen zu heißen. Und dann beginnt ein Begrüßungsfest, wie man es sich bei uns kaum vorstellen kann: Sämtliche Schüler sind auf dem Freigelände zwischen den einzelnen Schulgebäuden angetreten, die Lehrer sind da und drumherum steht das halbe Dorf und schaut zu.
Wir werden feierlich begrüßt und dann wird zuallererst „Amar sonar Bangla“ – mein goldenes Bangladesh- die bengalische Nationalhymne gesungen. Nein, die ist eigentlich nicht für uns, sondern gehört zu der täglichen Morgen-Versammlung, die in allen Schulen vor dem Unterricht stattfindet. Dann hält jeder, der wichtig ist -also auch wir- eine kurze Rede. Immer wieder werden wir dabei als „honourable friends“ und „family members“ bezeichnet und natürlich fortwährend fotografiert von jedem, der ein Handy hat. Schüler singen und tragen Gedichte vor, sogar ein Lehrerchor tritt auf und Mädchen in orangeroten Saris mit Blumenschmuck im Haar tanzen für uns. Als wir schließlich aufgefordert werden, mitzutanzen, applaudiert und johlt die gesamte Schülerschaft. Im Vergleich zu der Grazie der Tänzerinnen haben wir natürlich nur ungelenke Verrenkungen zu bieten und hoffen, dass unsere Versuche mit Bollywood-Style nicht irgendwo auf Facebook auftauchen…
Dann werden Geschenke werden ausgetauscht und die Bücher, Schreibmaterialien und Lernspiele, die wir mitgebracht haben, werden zwischen der staatlichen Grundschule und unserer Schule aufgeteilt.
Später lernen wir die Lehrer kennen, die wir unterstützen und übergeben ihnen ihr Gehalt für Januar.
Im Haus von Bashu, dem Fabrikbesitzer, auf dessen Land unsere Schule steht, werden wir verpflegt. Eine Unmenge verschiedener Speisen werden aufgetragen und während wir essen, steht die gesamte Familie um den Tisch und schaut zu. Das ist üblich hier, wenn „hoher Besuch“ zu Gast ist, für uns aber immer noch ungewohnt. Auf dem Dach von Bashus Haus bekommt man einen Eindruck davon, wie üppig grün die Gegend hier ist und wie ruhig – ein Wohltat für unsere von Dhaka malträtierten Ohren.
Das Schulgelände ist zur Zeit eine Baustelle. Die alte weiterführende Schule,
ein langer Trakt mit Wellblechdach, ist abgerissen worden und wird durch einen größeren Neubau ersetzt. Bis das neue Gebäude fertig ist, werden die Klassen 6-10 in einem Behelfsbau aus Palmblättern unterrichtet.
Wenn wir in ein Klassenzimmer kommen, stehen alle Schüler sofort auf und wir müssen erst mal pantomimisch aktiv werden, damit sie sich wieder setzen. Einige halten uns ihre Hefte entgegen, wollen Autogramme und manche versuchen auch ein paar Worte Englisch mit uns zu wechseln. Viel mehr als your name, how are you und what country geht aber nicht. Dieses Jahr haben die Kinder neue Schulbücher bekommen. Die Englisch-Bücher sind viel moderner als bisher, mit Bildern, Einsetz-Übungen und Lückentexten, ähnlich den Workbooks bei uns in der Schule. Ob das allerdings viel nützt, ist zweifelhaft, denn auch mit den meisten Lehrern ist die Kommunikation extrem schwierig. Fortbildung scheint uns definitiv wichtiger als Baumaßnahmen. Gut allerdings, dass die Regierung beschlossen hat, dass Mädchen, die die weiterführende Schule besuchen und deren Prüfungsergebnisse über 50 Prozent liegen, kein Schulgeld bezahlen müssen.
Auch im Dorf hat sich einiges getan: Wie immer ist es hier sehr viel sauberer als in anderen Gegenden, die wir gesehen haben, auch in den Außenbezirken. Nach wie vor gibt es viele einfache Wellblechhütten mit Kochgelegenheit im Freien und Ziehbrunnen und Gartenpumpen als Waschgelegenheit, aber schon deutlich mehr gemauerte Hauser mit „richtigen“ Fenstern und sogar Stromanschluss. In einem dieser Häuschen zeigt uns eine ältere Frau ganz stolz ihren Kühlschrank. Draußen grasen Ziegen und Kühe, picken Hühner und wo immer wir auftauchen, sind wir sofort von Jung und Alt umringt.
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Tag 10 – Erdbeben
Um 5 Uhr morgens wache ich auf und will zur Toilette. Ploetzlich schwankt der Boden unter mir. Ich halte mich am Tuerrahmen fest . Erster Gedanke: ich bin NICHT betrunken, also muss das ein Erdbeben sein. Das ganze Haus schwankt. Wir sind hier im 7. Stock eines Hochhauses – nicht gerade der sicherste Ort bei einem Erdbeben. Es ist ein sehr beaengstigendes Gefuehl. Das ganze dauert etwa eine Minute. Alle in Nellys Wohnung sind aufgestanden. Von draussen sind Panik-Schreie zu hoeren. Wir schalten den Fernseher ein. Nellys Mann Harun uebersetzt die Eilmeldungen: Erdbeben der Staerke 6.8, das Epizentrum liegt in Nordost-Indien – rund 180 km von Dhaka entfernt. Wir hoffen, dass nicht noch weitere Beben folgen. Aber es bleibt ruhig. Eigentlich sollten wir heute ausgeschlafen sein, denn uns steht eine dreistuendige Fahrt ueber holprige Strassen in unser Dorf bevor. Wir legen uns nochmal ins Bett, aber nach dem Adrenalin-Schock kann niemand mehr richtig schlafen. Am naechsten Tag berichten die Zeitungen von ueber Hundert Toten in Indien. In Bangadesh sind vier Menschen an Herzinfarkten gestorben, einige wurden verletzt, weil sie in Panik aus dem Fenster gesprungen.
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Tag 9 – die Kakophonie der Megacity
Wir sind zurück in Dhaka. Kaum aus dem Flughafen raus, brandet uns wieder infernalischer Lärm entgegen. Der Verkehr ist mörderisch, wir brauchen fast eineinhalb Std. für die etwa 20 km bis Nellys Haus. Dabei ist erst Mittag und keine Rush-Hour. Wobei das hier eigentlich keine Rolle spielt. Die Straßen sind immer voll. Auf fünf Spuren (pro Richtung) drängeln sich Autos, Motorrikschas und Fahrradrikschas in wildem Durcheinander. Und alle hupen ohne Unterlass. Nicht, dass es dadurch schneller ginge aber hupen muss einfach sein!
Es gibt Ampeln aber kein Mensch beachtet sie. Wenn der Verkehr minutenlang stillsteht – und das tut er andauernd – ist das für die fliegenden Händler, meistens Kinder, eine gute Gelegenheit, ihre Waren feilzubieten. Zuckerwatte, Luftballons, Staubwedel, Bettwäsche oder Snacks. Auch viele Bettler, meistens alte oder verkrüppelte Menschen, klopfen ans Fenster und bitten um ein Almosen. Es ist hart zu sehen, wie die Fahrer sie oftmals mit einer Handbewegung verscheuchen, als seien sie lästige Fliegen. Aber man kann natürlich nicht allen was geben, es sind einfach zu viele!
Viel zuviele Menschen leben in diesem kleinen Land und die meisten davon in Dhaka. Keiner weiß so genau wieviele es sind, geschätzt
werden um die 15 Millionen. Und die machen Lärm und Dreck.
Ist der Krach schon gewöhnungsbedürftig, so ist der Dreck für uns Westler fast unerträglich. Überall liegt haufenweise Müll herum, vor allem Plastik. Niemand scheint das groß zu kümmern oder zu stören. Nicht nur in der Stadt mit den zig Millionen Menschen, auch auf dem Land in kleinen Dörfern wird der Dreck nur zusammengefegt und dann liegt er am Straßenrand und rottet vor sich hin.
Leider haben selbst viele gebildete, gut verdienende Bengalen keinerlei Umweltbewusstsein. Wir haben auf unserem Boots-Trip einige Familien getroffen und hatten tolle Gespräche über die Probleme des Landes. 5 Minuten später sehen wir, wie ein junger Vater die gebrauchte Pampers seines Sohnes über Bord wirft. Andere schmeißen Chipstüten und Plastikverpackungen ins Wasser. Und das in einem streng geschützten UNESCO-Naturerbe. Im Nationalpark entlang der Trails durch den Dschungel stehen Mülleimer. Wo liegt der Müll? Daneben oder in der Landschaft. Manches ist in diesem Land hard to stand and even harder to understand. Von meinem iPhone gesendet
Tag 6, 7 & 8 – Into the Jungle and back
Die Sundarbans sind die größten Mangrovenwälder der Erde. 2/3 liegen in Bangladesh, ein Drittel in Indien. Es ist ein weit verzweigtes Gewirr aus Flussläufen, die in einem großen Delta in den bengalischen Golf münden. 10.000 qkm unzugänglicher Mangroven-Dschungel.
Es gibt keine Straßen, nur Wasserwege oder Fusspfade durch den Wald. Angeblich leben hier noch rund 400 bengalische Tiger – deshalb wird jeder Ausflug von zwei bewaffneten Rangern begleitet. Leibhaftig sind wir ihnen zwar nicht begegnet, aber wir haben Fußspuren gesehen. Live zu besichtigen waren Axis-Hirsche
Affen
Krokodile
In unberührten endlos grünen Wäldern aus Mangroven und Palmen.
Ein sehr schönes Erlebnis. Für die Bengalen, die wir unterwegs treffen, sind allerdings wir die eigentliche Attraktion. Jeder und jede will sich mit uns fotografieren lassen. Man fühlt sich wie ein Holkywood-Star! Europäer oder andere westliche Ausländer sind hier immer noch die absolute Seltenheit.
to be continued…
5. Tag – River-Cruising
In einer Std.beginnt das neue Jahr.
Es ist der denkwuerdigste und bizarrste Jahreswechsel, den ich je erlebt habe.
Wir befinden uns auf der MC Rainbow, einem Touristenboot, das uns drei Tage und zwei Naechte durch die Sundarbans, die Mangrovensuempfe im Sueden Bangladeshs faehrt.
Vergesst alles, was ihr je ueber Flusskreuzfahrtschiffe gehoert oder gesehen habt! Dieser Kahn stellt alles in den Schatten. Eine voellig vergammelte Rostlaube mit dem Komfort einer drittklassigen Absteige. Holy Shit, hier braucht man starke Nerven und viel Humor, um es einigermassen zu ueberstehen! Man kann es sich nicht mal schoen trinken, denn Alkohol ist tabu! Dafuer wurde uns ein „special New Years entertainment program“ versprochen. What means: Lichterketten und Luftballons an Deck, ein BBQ zum Dinner und einen New-Years-Cake um Mitternacht.
Dazu Bengal-Rap aus einer uebersteuerten Anlage. Ein Traum!! Wir liegen (zum sitzen gibt’s nix) in unserer Kabine, trinken mitgebrachten Wodka zur Magen-Desinfektion und stossen mit einem ebenfalls mitgebrachten warmen Piccolo aufs neue Jahr an. Happy New Year!!!
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Tag 3 – In den Slumschulen
Um 9 Uhr holt uns der Fahrer ab, um uns zu einer der Slumschulen der German Doctors zu bringen. Er wird per Handy von Babul, dem Projektleiter, gelotst, denn dort ist er vermutlich noch nie gewesen. Die gebildete Mittel- und Oberschicht von Dhaka, die er sonst durch die Gegend fährt, würde niemals einen Slum besuchen.
Nach knapp einer Std. Fahrt durch das Verkehrschaos hält der Wagen direkt neben einer Bahnlinie. Wir betreten eine andere Welt. Ein Gewirr von baufälligen Hütten, dazwischen dunkle, enge Gässchen. Babul lässt uns nicht durch den Slum laufen – es sei nicht save – und ich weiß nicht, ob ich das bedauern soll oder froh darüber bin. „Glory Future Model School“ steht Über einem schmalen Durchgang. Dahinter erwarten uns so an die 300 Schüler und Lehrer. Heute ist ein großer Tag: es gibt Auszeichnungen und Geschenke für die besten Schüler jeder Stufe. Wir werden wie Ehrengäste behandelt und müssen auf dem Podium Platz nehmen. Die Kinder singen mit Inbrunst die Nationalhymne. Dann werden Reden gehalten, auch wir halten eine kleine Ansprache. Dann werden die Geschenke verteilt – die Kinder sind sehr stolz.
Alle Kinder, auch die ohne Auszeichnung, bekommen ein Päckchen mit Essen. Für viele ist es vermutlich das einzige, was sie an diesem Tag in den Magen bekommen! An normalen Schultagen werden hier täglich über 400 Kinder winzigen, dunklen Klassenzimmern unterrichtet.
Noch viel mehr, nämlich 1.500 Kinder kommen täglich in die Slumschule in Manda, im Haus der German Doctors – unsere nächste Station. Heute sind nur die Lehrer da, die Kinder haben noch frei, erst morgen gibt es hier die gleiche Zeremonie mit den Auszeichnungen. Wir besichtigen das Haus. Es gibt sehr viele Klassenräume, ein Lehrerzimmer, ein Naturwissenschaftsraum, eine Mensa und eine Küche. Hier wird täglich für alle Kinder frisch gekocht, denn genauso wichtig wie die Bildung ist eine ausreichende Ernährung. Gegessen wird in mehreren Schichten, kein Kind geht hungrig nach Hause! All das – der Unterricht, die Materialien, die Lehrer, das Essen – wird nur durch Spenden finanziert. 9 Dollar pro Kind pro Monat stehen Babul dafür zur Verfügung! Er macht das Unmögliche möglich und ich bin froh, dass alphabangla ihn dabei unterstützt!
Auch die German Dictors haben hier ihr Headquarter in Dhaka. Es gibt Behandlungszimmer und eine Apotheke. Im Moment sind keine Ärzte da, wegen der prekären Sicherheitslage wurde der Einsatz vorübergehend gestoppt. Im Februar sollen wieder welche kommen – Inshallah – wie Babul sagt! Ganz oben gibt es eine schöne Dachterrasse – wenn man nicht nach unten sieht! Dort bietet sich einem ein Bild, das mir die Tränen in die Augen trieb: eine trostlose, zugemüllte Ödniss, halbnackte Kinder spielen mitten im Dreck, dazwischen picken Hühner, streunen Hunde, liegen Ziegen.
Häuser, die jeder Beschreibung spotten – ein unbeschreibliches Elend. Aber die Schule ist ein Ort der Zuversicht und Hoffnung, dass es auch für diese Kinder eine Zukunft geben kann. Inshallah!
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Tag 2 – Power-Shopping
Es ist ja nicht so, dass frau was bräuchte. Erst recht keine Schals, davon gibt es zu Hause reichlich. Aber nicht genug! Angesichts dieser wunderschönen Exemplare, die natürlich nicht unter sklavenartigen Bedingungen in Nähfabriken für einen Hungerlohn hergestellt wurden, sondern in Projekten, wo Frauen und Mädchen zu fairen Bedingungen traditionelle bengalische Handarbeiten fertigen und die trotzdem für uns noch spottbillig sind – da kann frau einfach nicht anders und kauft ein, zwei, drei Schals, Täschchen, Deckchen, Kissen etc, etc.. schließlich brauen wir auch noch Mitbringsel! Und die Koffer sind, wenn wir alle Gastgeschenke verteilt haben, ja quasi leer. Hier eine kleine Auswahl:
Und hier ein paar Impressionen vom New Market, einem gigantischen Markt, wo es vom Kochtopf bis zur Unterhose alles gibt und aus der Slumschule in Manda, wo wir ( unter anderem) eingekauft haben.
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Tag 1 – Ankommen
Wir sind gelandet. Auf der Fahrt vom Flughafen zu Nellys Haus erste Eindrücke der Mega-City Dhaka. Übervoll, laut, chaotisch – und, man kann es nicht beschönigen, sehr dreckig. Dabei ist es erst früh am Morgen und der Verkehr ist noch harmlos! In Nellys Haus würden wir aufs Wärmste empfangen. Der erste Tag vergeht mit schlafen, essen, Tee trinken und wieder essen. Ich fürchte, das mit dem Essen wird so weiter gehen! Es gibt schlechte Nachrichten: die Sicherheitslage hat sich verschärft. Es gab ein Selbstmordattentat in einer Moschee. Ohne Begleitung lässt uns Nelly nicht aus dem Haus. Auch unsere Reiseplanung müssen wir ändern. Nun Ursprünglich war geplant, am 4. 1. in unser Dorf zu fahren und dort drei Tage zu bleiben. Dummerweise findet grade ein Kriegsverbrecher-Prozess statt ( 40 Jahre nach dem Krieg! Solange hat sich offenbar niemand getraut, die Schuldigen vor Gericht zu bringen) bei dem am 6. das (höchstwahrscheinliche) Todesurteil verkündet wird. Dann gibt es mit Sicherheit Bambule auf den Straßen von Anhängern des Verurteilten. Heißt, wir müssen am 5. abends zurück sein, wenn wir kein Risiko eingehen wollen. Wir werden sehen – bis dahin sind ja noch ein paar Tage. Unser Trip in die Sundarbans über Silvester steht jedenfalls!
Strassenszene in Dhaka am Morgen.
Unsere Gastgeberin Nelly und ihre Pflegetochter Salma.
Salma hat sich chic gemacht für den ersten Abend einer drei-Tages-Hochzeitsfeier einer College-Freundin. Nelly wird sie hinbringen und um 22.30 Uhr wieder abholen. Da hat die Party nicht mal richtig begonnen. Aber später gibt es für die 20-jährige keine Möglichkeit mehr, begleitet nach Hause zu kommen. Auch das ist Bangladesh! Mechthild
Die Koffer sind gepackt….
Dezember 2015 : Wir fliegen nach Bangladesh !
Vom 26.Dezember bis 8. Januar werden Mechthild Becker und ich in Bangladesh sein, um unsere Projekte in Sayedpur und in Dhaka zu besuchen. Wir freuen uns auf unsere Freunde und Bekannten dort – und ganz besonders auf die Kinder, die durch die Spenden von alphabangla e.V. zur Schule gehen können. Wir hoffen auf viele neue Eindrücke und werden natürlich berichten.
Herzlichen Dank an alle, die uns dieses Jahr unterstützt haben,
erholsame Weihnachtstage und alles Gute für 2016 !